Ansicht von Kiedrich , signiert und datiert:“ C.Adloff,1856″

Nr. 2638 | 9.800,--Euro

ANSICHT VON KIEDRICH

Signiert und datiert unten rechts : „C.Adloff 1856“

    Karl Adloff (1819-1863)

Akadamischer Maler der Düsseldorfer Schule

Öl auf Leinwand.

Originaler zeitgenössischer geschnitzter und vergoldeter Holzrahmen.

Die Michaelskapelle sowie Schäfer mit Schafherde in der Abendstimmung, Reiter, Bauern,Hühner und Häuserstaffage.

Provenienz: Privatsammlung Kölner Hotelier Villa

Nr.: 2638

Höhe: 118 cm (90) | Breite: 100 cm (70) | Tiefe:13 cm

Ausführliche Bildbeschreibung von Kunsthistoriker Daniel Leis M.A.

Das querrechteckige Bild in schönem, zeitgenössischem Rahmen beeindruckt durch die klare und freundliche Atmosphäre eines zur Neige gehenden Sommertages, dessen strahlend blauer Himmel sich über ein von der Abendsonne wohltuend in ein warmes Licht getauchtes Kiedrich wölbt. Die Komposition ist ausgewogen, die tiefliegende Horizontlinie wird durch die Gebäude auf der rechten Bildseite, die Baumgruppe auf der linken und insbesondere durch die weitaufragende Michaelskapelle abwechslungsreich kontrastiert. Die Kirche ist prominent ins Bild gesetzt, gegenüber dem Vordergrund erhöht, deutlich über der Horizontlinie, zeichnen sich ihre Konturen klar im blauen Himmel ab. Auch die Lichtführung des Bildes ist auf sie hin ausgerichtet. Die tiefstehende Abendsonne fällt auf die Westfassade mit ihrem Turm. Diese hebt sich damit deutlich von den im Schatten liegenden Fassaden der Häuser am rechten Bildrand und den dunkleren, grünen Flächen der Bäume mit der Kreuzigungsgruppe am linken Bildrand ab.

Die Ansicht lässt sich auch heute noch gut im Ortsbild von Kiedrich wiederfinden. Der Straßenverlauf mit der platzartigen Erweiterung des Marktes im Vordergrund und die Bebauung an der Ostseite der Marktstraße sind noch vorhanden, auch wenn sich das Erscheinungsbild der Häuser und der Straße etwas gewandelt hat. Unverändert in ihrem Erscheinungsbild sind die Michaelskapelle und die Häuser an der Ecke Marktstraße / Mühlbergstraße. Bei den Proportionen und der Akzentuierung hat der Maler Carl Adloff (1819-1863) jedoch eigene Akzente gesetzt. Keine exakte Aufnahme im Sinne etwa einer Fotografie liegt hier vor, sondern eine bewusste Inszenierung; ein Vorrecht der Malerei, das es erlaubt, die Kirche hervorzuheben, indem von den realen Gegebenheiten leicht abgewichen wird, ohne dabei die jedoch die grundsätzliche Anordnung der Topografie zu verändern.   

Die Ortsansicht dient dem Maler zugleich als Bühne, auf der er eine Geschichte entfalten kann. Nicht nur der Ort, auch die Tageszeit ist durch die Lichtführung bestimmbar. Es ist ein Abendlicht; die tief im Westen stehende Sonne liegt noch auf dem Turm der Michaelskapelle, aber die Schatten sind schon lang geworden, jene der Häuser bedecken bereits die Marktstraße, wo sich einige Personen, vornehmlich Frauen, am Brunnen versammelt haben, um sich vom heißen und anstrengenden Tag an der Kühle des Schattens ebenso zu erquicken wie am frischen Brunnenwasser. Der Brunnen dient nicht nur zum Wasserholen, sondern auch als Treffpunkt und bietet Gelegenheit für einen kleinen Plausch. Die Hauptstraße des Ortes, die heutige Marktstraße, weitet sich vor der Kirche zu einem kleinen Platz. Eine Schafherde ist gerade im Begriff durchzuziehen, sie kam von Süden herauf und passiert die Szene. Angeführt von einem Hirten und einem Mädchen mit etwas Grünfutter traben die Tiere in dichter Reihe über die unbefestigte Straße zwischen freilaufendem Federvieh. Der trockene Staub der Straße, von ihren Hufen aufgewirbelt, begleitet die Tiere als eine kleine Wolke. Dieses Detail verleiht der Gruppe Dynamik und betont die Bewegung ebenso wie die Hitze des vergehenden Tages. Einige Kinder, in ihrem Spiele innehaltend, verfolgen das Geschehen ebenso wie ein Reiter, der ein Kind auf dem Schoß hält.

Das ganze Gemälde ist eine Hommage an Kiedrich und das Dorfleben, die der Maler Carl Adloff 1856 ins Bild gesetzt hat. Seine Signatur und die Datierung finden sich am rechten unteren Bildrand. Carl Adloff gehörte zur Düsseldorfer Malerschule, an der dortigen Akademie hatte er seine Ausbildung erhalten. Besonders geschätzt wurde er für seine Fähigkeit, Tageszeiten und ihre spezifischen Lichtstimmungen einzufangen. Die friedliche Stimmung des vorliegenden Bildes, die Charakterisierung der Abendstunde, die Beschwörung einer dörfischen Idylle, die Inszenierung mittelalterlicher Architektur adressierten dabei ein Publikum, das sich der idealisierenden Darstellung durchaus bewusst war, diese aber als romantisch verstand. Die hier gezeigte Welt war zur Entstehungszeit des Gemäldes bereits im Verschwinden begriffen. Industrialisierung, technischer Fortschritt, aber auch eine zunehmende Verstädterung mit ihren Umbrüchen alter und tradierter Lebensgewohnheiten, Arbeitsweisen und sozialer Gefüge wurden registriert und mitunter als Bedrohung und Verlust begriffen. Augenfällig waren in dieser Hinsicht die Veränderungen der Landschaft durch Straßen- und Eisenbahnbau, Ingenieursbauten wie Brücken, aber auch Schornsteinen als neuen Wegmarken und Wahrzeichen. Eine Art Gegenbewegung bildeten Sehnsüchte nach vergangenen und scheinbar heilen Zeiten. Den Landschaften am Mittelrhein, zwischen Mainz und Koblenz, galt dabei eine besondere Aufmerksamkeit. Das Bild lässt sich also durchaus mit der Rheinromantik jener Zeit und mit der Sehnsucht nach einer Idylle des Dorflebens, in Einklang bringen. Dass diese Zeit aber vorbei ist, dafür mag gerade die Kirche stehen, deren spätgotischen Architektur auf vergangene Zeiten verweist, während die ruinöse Umfassungsmauer für deren Vergehen steht.

Die St. Michaelskapelle in Kiedrich

Die Michaelskapelle ist ein denkmalgeschütztes aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammendes, gotisches Kirchengebäude im hessischen Kiedrich im Rheingau. Es befindet sich auf dem Kirchenbezirk der katholischen Pfarrkirche St. Valentinus und Dionysius und gilt als das „architektonisch reichste und künstlerisch edelste Beispiel dieser Baugattung im heutigen Bundesland Hessen“. ( Quelle: Wikipedia)

Karl Adloff 1819-1863

Der Maler Karl Adloff war Kind der Eheleute Franz Joseph Adloff (1786–1832) und Anna Margaretha Adloff, geb. Kaimer (1784–1846).

Von 1833 bis 1843 studierte er an der Kunstakademie Düsseldorf, wo er 1836 die Klasse der Landschaftsmaler unter Johann Wilhelm Schirmer und 1840/1841 die Architekturklasse unter Rudolf Wiegmann besuchte. In den Schülerlisten der Meisterklasse wurde er 1840 bis 1843 als Architektur- und Landschaftsmaler geführt.

Bei der Wahl der Motive bevorzugte er – in Anlehnung an die holländische Malerei des 17. Jahrhunderts – die holländische Landschaft; er schuf Strand-, Hafen-, Kanal- und Stadtansichten, deren Architekturen er detailgenau und in feiner Malweise erfasste.

Häufig malte er Seestücke, die durch Mond-, Morgen- und Abendlicht in eine romantische Stimmung der Ruhe getaucht sind. Auf akademischen Kunstausstellungen in Deutschland und im Ausland war er wiederholt vertreten. Adloff war Mitglied des Künstlervereins Malkasten. Adloff heiratete Adelheid Schmitz (1820–1893); aus ihrer Ehe ging die Tochter Sybilla Carolina (1850–1927) hervor.

Sie wohnten in der Pfannenschoppenstraße 239 (heute Klosterstraße in Düsseldorf-Stadtmitte) – in jenem Haus, in dem Alwine und Adolph Schroedter gewohnt hatten, bevor diese nach Karlsruhe gingen. Sybilla Carolina wurde 1868 Ehefrau des Tiermalers Carl Jutz des Älteren[4] und 1873 Mutter des späteren Landschaftsmalers Carl Jutz des Jüngeren. Bestattet wurde Adloff auf dem Golzheimer Friedhof (südlicher Teil).

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